Wie kommt Italien aus der Krise?

Nun ist die neue italienische Regierungskoalition aus Cinque Stelle und Lega nach diversen Querelen doch ins Amt gekommen. Die Politiker in Brüssel und Berlin sind aufgeschreckt und versuchten Mithilfe des italienischen Staatspräsidenten Matarella die Regierungsübernahme zu stoppen, gaben aber dann ihr Vorhaben auf, weil die Umfragewerte der Koalitionspartner weiter nach oben zeigten.

Wir versuchen zu klären, warum die italienischen Wähler so entschieden haben und untersuchen die ökonomischen Überlegungen der neuen Regierung, die im Kontrast zur bisherigen Wirtschaftspolitik, die von Brüssel und sicher auch von Berlin nahegelegt wurde, zu qualifizieren.

Zunächst ist es offensichtlich, dass Italien seit fast 10 Jahren eisern spart, einen Primärüberschuss (staatliche Einnahmen minus Ausgaben ohne Zinsen) erzielt, die EWU Kriterien von weniger als 3% Neuverschuldung seit Jahren einhält. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen kommt Italien nicht auf die Füße, die Staatsverschuldung weitet sich aus und die Arbeitslosigkeit steigt gerade unter Jugendlichen.

Quelle: Makroskop, Steinhardt, 29.05.2018

Europa setzt auch im Falle Italien auf harte Ersparnis und glaubt so die Konsolidierung der Staatsfinanzen erreichen zu können und damit Vertrauen in die Wirtschaft zurückzubringen. Dieses Vertrauen bringe dann die notwendigen Investitionen der Privatwirtschaft hervor, so die Hoffnung.

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Vom Nutzen von Arbeitsmarktreformen

Der französische Präsident Macron hatte im Wahlkampf vielfach versprochen, die Malaise der französischen Wirtschaftspolitik aufzubrechen. Ohne Zweifel ist er bestrebt sich nicht weiter hinter Deutschland anstellen zu müssen, sondern auf Augenhöhe zu agieren.

Eines seiner zentralen Versprechen ist es, den Arbeitsmarkt Frankreichs zu reformieren. Dies bedeutet regelmäßig ihn flexibler zu machen, zu deregulieren, betriebliche Tarifvereinbarungen zu stärken und das Flächentarifsystem zu öffnen. Dazu gehören ebenso die Öffnung der Kündigungsschutzbestimmungen und die Reduktion von Lohnersatzleistungen.

Also all das, was man seit Mitte der neunziger Jahre in vielen westlichen Industrienationen, aber in besonderem Umfang in Deutschland umgesetzt hat. Wichtiger als Schröders Agenda waren in diesem Zusammenhang die in 1995 und 1998 mit dem sog. „Bündnis für Arbeit I und II“ in Gang gesetzten Prozesse der Abkehr von der produktivitätsorientierten Lohnpolitik zur wettbewerbsorientierten Lohnpolitik.

Zu untersuchen ist daher, ob und falls ja welchen Nutzen diese Reformen gebracht haben oder ob Änderungen angezeigt sind. Am besten dafür geeignet erscheinen empirische Untersuchungen, welche die theoretischen Annahmen in der Realität überprüfen. Auf diese in großer Zahl vorliegenden Ergebnisse bezieht sich die nachfolgende Untersuchung.

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Ökonomische Ursachen der europäischen Krise

Sie haben es getan. Die Briten wollen Europa den Rücken kehren. Die Anführer des Brexit (Johnson und Farage) haben sich in die Büsche geschlagen und überlassen den Anderen die Aufräumarbeiten. Die Hysterie vor den befürchteten Folgen eines solchen Schrittes beförderte die Börsen erstmal talwärts. Wir sind jedoch überzeugt, dass die wirtschaftlichen Folgen geringer sein werden, als mancher besorgte Analyst dies als Horrorszenario an die Wand malt.

Während zumindest die Börsen anzeigten, dass die wirtschaftlichen Folgen zunächst gering bleiben, dürften die politischen Folgen jedoch ungleich größer werden. Europa muss sich fragen, wie die zunehmend kritische Haltung der Bürger zur EU, der Drift zu den politischen Rändern bzw. zum Nationalismus zu erklären ist. Wir kommen darauf zurück.

Wirkung der EZB Politik verpufft ohne fiskalische Unterstützung

Festzustellen ist, dass die extrem expansive Politik der Zentralbanken bestenfalls schlimmeres verhütet hat, eine positive Wirkung hinsichtlich Investition und Beschäftigung dürfte nicht mehr zu erzielen sein. Die Erwartung, dass mit fallendem Zins Investoren bereit seien zu investieren und damit die Wirtschaft in Gang zu bringen ist auch in normalen Zinsphasen empirisch wenig zu belegen, erst recht ist sie in einer sog. „Liquiditätsfalle“ zum Scheitern verurteilt. Der Jahrhundertökonom Keynes bezeichnete mit dem Begriff Liquiditätsfalle die Situation einer Volkswirtschaft, in der die offiziellen Zinssätze soweit gegen null gefallen sind, dass die herkömmliche Geldpolitik versagt.

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Griechenlandrettung – ein einziges Desaster

Erfahrungen mit Austeritätspolitik

„Nichts ist gefährlicher als eine Idee, wenn man nur eine hat“, stellte einst der französische Philosoph Badiou fest. Das einzige politische Projekt, die einzige Idee, die Europa zu haben scheint, ist die Austerität, also die Sanierung Europas mittels eisernen Sparens. Da sind sich Konservative und Sozialdemokraten europaweit offensichtlich vollkommen einig.

Das Erschreckende daran ist: Es ist eine Idee, die keine Theorie im Rücken hat, keine nachweisbaren Erfolge zeigt, dafür aber direkt zur größten politischen Katastrophe des letzten Jahrhunderts führte.

Nach dem Börsenkrach von 1929 zogen führende Nationen wie USA, Frankreich, Japan und Deutschland den Geldstecker und versuchten sich erstmals an der Gesundung des Staatswesens mit dem Instrument der Austerität. Argumentiert wurde mit der Moralkeule. US-Präsident Hoover meinte: „Wir können Wohlstand nicht durch Verschwendung herstellen“ und der deutsche Reichskanzler Brüning ergänzte: „Ohne Schmerzen wird niemand gesund.“

Die Ergebnisse der Einschnitte waren katastrophal: In den USA stieg die Arbeitslosigkeit in zwei Jahren von 8 auf 30 Prozent, Deutschland versank in Massenarbeitslosigkeit, in Frankreich brach die Industrie zu einem Viertel weg, und Japan, das am härtesten sparte, erlebte den größten wirtschaftlichen Zusammenbruch in Friedenszeiten. Ähnlichkeiten mit den heutigen Ergebnissen in Südeuropa sind eindeutig und auch folgerichtig.

Schlimmer noch waren die politischen Folgen. Während in den USA mit dem keynesianisch geprägten New Deal von Hoovers Nachfolger Roosevelt die Notbremse zum Besseren gezogen wurde, putschte sich das Militär in Japan an die Macht. Frankreich schwächte sich weiter durch Kürzungen und in Deutschland wurde mit Hitlers Machtübernahme der Weg für die schlimmste Katastrophe des 20. Jahrhunderts geebnet. „Griechenlandrettung – ein einziges Desaster“ weiterlesen

Schäubles „Unmöglichkeitstheorem“

Thales, Pythagoras, Platon, Aristoteles, Euklid, Archimedes waren griechische Philosophen und Mathematiker, die der Menschheit die höhere Mathematik vererbt haben. Jeder mag sich sein eigenes Bild machen, ob die heutige griechische Generation diesem Vermächtnis noch entspricht.

Doch auch das übrige Europa tut sich schwer, das Wesen der Mathematik zu verstehen, insbesondere dann, wenn sog. Ökonomen versuchen Ökonomie mit Mathematik gleichzusetzen. Mathematik ist ein sinnvolles Hilfsmittel um ökonomische Entwicklungen empirisch zu begleiten, es ist aber ein entscheidender Fehler, ökonomisches Denken durch Mathematik zu ersetzen.

Die heute herrschende ökonomische Lehre baut auf einem vereinfachten Standardaxiom (Grundannahme) auf und leitet daraus Erkenntnisse ab (Deduktion). Das Problem dabei ist, dass dieses Axiom nicht mal näherungsweise mit dem realen und sehr komplexen Wirtschaftsgeschehen übereinstimmt. Dennoch glauben die Apologeten (Befürworter) dieser Theorie ihre wirtschaftspolitischen Maßnahmen daraus ableiten zu können. Die so gewonnen theoretischen Implikationen werden uns mit der Genauigkeit der Euklidischen Wissenschaften präsentiert und gleichwohl setzt sich der Eindruck durch, dass nicht mal die Grundrechenarten verstanden worden sind.

Grundrechenarten

Versuchen wir es zunächst mal mit den einfachsten ökonomischen Zusammenhängen und dabei reichen die Grundrechenarten aus.

  • Die Geldvermögen des Einen sind immer die Schulden des Anderen.

Wenn uns die Politik dazu aufruft angesichts der sich prognosegemäß leerenden Rentenkassen private Altersvorsorge anzusparen, so ist vielen Menschen nicht klar, dass der monatliche Sparvorgang etwa in einen Banksparplan oder eine Lebensversicherung nur möglich ist, wenn es einen anderen Menschen oder eine andere Institution gibt, die sich in gleicher Höhe verschuldet. Schulden und Vermögen sind die beiden Seiten der gleichen Medaille. Diesen Zusammenhang illustriert sehr schön die nachfolgende Grafik:

Schulden und Vermögen in Deutschland

Quelle: Deutsche Bundesbank

Nun sagen uns aber die Politiker, insbesondere Herr Schäuble, dass der Staat sparen im Sinne von weniger ausgeben soll. Das ist ein Problem, denn sie rufen ja gleichzeitig dazu auf zu sparen im Sinne der Vermögensbildung. Dazu braucht man aber Schuldner, doch der Staat strebt die „schwarze Null“ an und steht ebenso nicht zur Verfügung, wie die Unternehmen. Diese sitzen auf hohen Vermögensbeständen und investieren nicht und machen demnach im Gegensatz zu früher auch keine Schulden mehr. Niemand verschuldet sich mehr, also kann das System „Schwarze Null“ bei gleichzeitigem Aufruf zur Vermögensbildung nicht aufgehen. Wir können konstatieren, es handelt sich hier um „Schäubles Unmöglichkeitstheorem“. „Schäubles „Unmöglichkeitstheorem““ weiterlesen