Vermögen der Deutschen geringer als das der anderen Europäer

Deutschland als wirtschaftliche Lokomotive Europas hat auf diesem Gebiet erstaunlicherweise den höchsten Nachholbedarf im Vergleich zu den anderen Eurostaaten. Wie jüngst eine EZB-Studie zum wiederholten Male bestätigte, ist das Vermögen hierzulande besonders ungleichmäßig verteilt und im Vergleich deutlich niedriger als in anderen Euroländern, auch gegenüber jenen der Krisenstaaten Südeuropas.

60% des Vermögens in Deutschland liegen in der Hand der oberen 10%. Dagegen besitzen fast ein Drittel der Bevölkerung gar kein Vermögen und viele davon sind verschuldet. Danach liegt das mittlere Vermögen in Deutschland bei 60.000 € (Medianvermögen – dies entspricht der Mitte der Bevölkerung, also besitzen 40 Mio. Einwohner mehr und 40 Mio. Einwohner weniger). In Zypern beträgt dieser Wert 170.000 €, in Italien 150.000 € und in Frankreich 120.000 €. Selbst Portugiesen und Griechen haben mehr.

Das Medianvermögen ist nicht zu verwechseln mit dem Durchschnittsvermögen. Dies ist in Deutschland deutlich höher und auch im Vergleich zu anderen Eurostaaten relativ besser im Mittelfeld positioniert. Allerdings lässt das Durchschnittsvermögen keine Aussage zur Verteilung zu, da sich aus der Erhöhung des Vermögens z.B. der obersten 10% zwar ein höherer Durchschnitt ergibt, jedoch nützt dies den Anderen in der Vermögenshierarchie nichts. Im Gegenteil fühlen diese sich noch mehr abgehängt.

Ursachen für geringes Deutsches Medianvermögen

Zunächst ist als Ursache die unbestreitbare Erkenntnis zu nennen, dass Schulden und Vermögen die zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Somit können nur dort hohe Vermögen entstehen, wo es auch hohe Verschuldung gibt. Eine Erkenntnis, von der die meisten Leute und auch die meisten Politiker noch nichts gehört haben.

Eine weitere Erklärung ist die Höhe des Immobilienbesitzes. Deutsche wohnen zu ca. 40% im eigenen Haus, Italiener oder Spanier zu rund 75%. Auch ist die Vermögensanlage nicht gerade die deutsche Paradedisziplin. Aktien- und Aktienfondsbesitzer gehören zu den Vermögenden, sie halten auch mal schwache Jahre aus, denn langfristig stimmt der Vermögenszuwachs. Die Deutschen bevorzugen jedoch in der Mehrzahl Sparbuch, Festgeld und Lebensversicherung mit niedrigster Verzinsung.

Die Ursachen jedoch liegen tiefer. Mangels ausreichender ökonomischer Kenntnisse der politischen Klasse, können die Lobbyisten der Finanzindustrie (ca. 20.000 !!! sollen sich in Brüssel verdingen, mehrere Tausend in Berlin) den Politikern jeden Blödsinn schmackhaft machen, der ihre Kassen aufbessert. So zuletzt beim Thema Privatisierung des Autobahnbaus.

Und so auch bei den umfassenden Rentenreformmaßnahmen des letzten Jahrzehnts mit Einführung von Riester- und Rürup-Rente sowie Rente mit 67. Damit entstanden volkswirtschaftlich negative Verteilungswirkungen, aber hohe Gewinne der Versicherungskonzerne. Während jene Niedrig-einkommensbezieher, die besonders förderungswürdig wären, mangels ausreichendem Einkommen kaum die Möglichkeit haben von den Fördermaßnahmen zu partizipieren, profitieren insbesondere jene mit Höchststeuersatz. Die Verteilungswirkung ist so, dass die Abgaben der mittleren und kleinen Einkommen dafür geradestehen.

Aus individueller Sicht eines Einzelnen kann diese Sparform der geförderten Rentensparverträge sehr sinnvoll sein, aus volkswirtschaftlicher Sicht handelt es sich um massive Steuerverschwendung mit negativer Verteilungswirkung.