Wie kommen wir raus aus Negativzinsen?

In Deutschland tobt ein heftiger Streit darum, wer denn nun verantwortlich sei für die niedrigen und inzwischen gar negativen Zinsen auf dem Sparbuch und bei Anleihen. Einige sprechen hier von der „Enteignung des Sparers“.  In der Tat gefährden die negativen Zinsen mittelfristig die Zahlungsfähigkeit von Altersvorsorge-Unternehmen wie Lebensversicherer, Pensionskassen und Versorgungswerke und können schlecht geführte Banken existenziell bedrohen.

Aufbauend auf den vorherigen Beitrag vom Juli 2018 erscheint es daher sinnvoll, noch ein wenig tiefer nach den Ursachen der Zinsentwicklung zu suchen und Möglichkeiten aufzuzeigen, die diesen Trend brechen können.

Die gelegentlich nicht eben sachlich geführte Diskussion – etwa, wenn EZB Chef Draghi von einer populistischen großen deutschen Tageszeitung als blutsaugender „Graf Draghila“ dargestellt wird – führt zu Entgleisungen, die eigentlich die Einschaltung des Presserats erfordern.

Auf politischer Seite sind mitunter ähnliche Argumente zu hören, wenn auch konzilianter im Ton. Die ökonomischen Hintergründe für den Niedrigzins sind aber ganz andere. Und nicht so komplex, um sie auch außerhalb von Expertenkreisen zu verstehen. Wir versuchen es.

Festzuhalten ist zunächst, dass nicht nur in Deutschland die Zinsen so niedrig sind, vielmehr handelt es sich um ein Phänomen, welches sämtliche Industrieländer betrifft, also etwa auch Japan, Schweiz, USA und andere Europäer.

Über zwei Jahrzehnte  entwickelten sich die Zinsen in Deutschland und den USA wie nebenstehend aufgeführt parallel nach unten.  Allerdings vermochten die Amerikaner diesen Trend nach der Finanzkrise zumindest zu stoppen, während Deutschland  inzwischen die Nullgrenze klar unterschritten hat.  Eine gewichtige Ursache ist sicher der unterschiedliche Ansatz der Wirtschaftspolitik in Folge der Krise. Während die USA den Investitionen Vorrang gaben, wurde in Europa eisern gespart, mit üblen Folgen für Südeuropa, aber auch für den gelegentlich allzusehr bemitleideten deutschen Sparer.

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Bleiben Zinsen für immer niedrig?

Allzu schlichte Gemüter, nicht selten anzutreffen im politischen Berlin, halten Mario Draghi für den Alleinschuldigen, wenn es niedrige Zinsen zu beklagen gilt. Doch der Trend zum Zinsverfall begann bereits vor fast 40 Jahren mit der damaligen ökonomischen Überzeugung, dass mittels Deregulierung der Märkte und insbesondere der Finanzmärkte ein schuldenfreier Wohlstandsboom zu erreichen sei. Diese Überzeugung stellte sich als verheerender Irrtum heraus.

Quelle: Deutsche Bundesbank, Sauren Fonds-Research AG

In Deutschland fielen die Zinsen von über zehn Prozent – begleitet von teilweise heftigen Schwankungen, etwa im Zuge der deutschen Einheit – auf unter null bis zum Jahr 2016. Aktuell liegt das Niveau nur knapp höher. „Bleiben Zinsen für immer niedrig?“ weiterlesen

Gier frisst Hirn – Bitcoin oder wie man den Verstand verliert

Der libertäre Traum vom Kryptogeld scheint wahr zu werden und manche kommen angesichts des Hypes um Bitcoin & Co. aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die bekannteste und am meisten verbreitete digitale Währung Bitcoin hat in 2017 eine Bewertungssteigerung von 1.400% erhalten. Doch Bitcoin war längst nicht das lukrativste Investment unter den Kryptogeldern in 2017. Der Spitzenreiter nennt sich „Ripple“ und legte ein Kursplus von unglaublichen 36.000 % vor.

Bild-Quelle: hedgeye.com

Doch ist die Bezeichnung Währung nicht eher ein Euphemismus? Was muss eine Währung bieten, um auch als solche bezeichnet werden zu können? Sie muss als Zahlungsmittel dienen, als Wertaufbewahrungsmittel sowie als Recheneinheit anerkannt sein. Doch nichts von alledem trifft zu. Schon eher erfüllten Zigaretten in der Nachkriegszeit einen Teil dieser Kriterien. „Gier frisst Hirn – Bitcoin oder wie man den Verstand verliert“ weiterlesen

Vermögen der Deutschen geringer als das der anderen Europäer

Deutschland als wirtschaftliche Lokomotive Europas hat auf diesem Gebiet erstaunlicherweise den höchsten Nachholbedarf im Vergleich zu den anderen Eurostaaten. Wie jüngst eine EZB-Studie zum wiederholten Male bestätigte, ist das Vermögen hierzulande besonders ungleichmäßig verteilt und im Vergleich deutlich niedriger als in anderen Euroländern, auch gegenüber jenen der Krisenstaaten Südeuropas.

60% des Vermögens in Deutschland liegen in der Hand der oberen 10%. Dagegen besitzen fast ein Drittel der Bevölkerung gar kein Vermögen und viele davon sind verschuldet. Danach liegt das mittlere Vermögen in Deutschland bei 60.000 € (Medianvermögen – dies entspricht der Mitte der Bevölkerung, also besitzen 40 Mio. Einwohner mehr und 40 Mio. Einwohner weniger). In Zypern beträgt dieser Wert 170.000 €, in Italien 150.000 € und in Frankreich 120.000 €. Selbst Portugiesen und Griechen haben mehr.

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Brexit und Trump – Erklärungsansätze

Die Diskussion über die Ursachen von Brexit und den Wahlsieg von Donald Trump gibt es zahlreiche Erklärungsversuche. Vordergründig unterscheiden sich die genannten Gründe für die Wahlausgänge. Da wird die traditionelle Europa-Skepsis der Briten einerseits und die nicht eben beliebte demokratische Kandidatin Clinton auf der anderen Seite als Ursache für die Wahlniederlagen genannt.

Der Ökonom David Kunst weist in einem Beitrag auf faz.net darauf hin, dass zahlreiche empirische Forschungen und auch Nachwahlbefragungen eine tiefergehende Ursache feststellen. Sie sei ein Ausdruck der tiefgehenden ökonomischen Polarisierung der letzten 35 Jahre, als die Welt sich aufmachte mit Freihandel und Globalisierung den Wohlstand zu mehren.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Wohlstand insgesamt zugenommen hat, so gibt es neben einigen sehr erfolgreichen Gewinnern auch eine immer größere Anzahl an Verlierern dieser wirtschaftspolitischen Ausrichtung. In einer Vielzahl von ökonomischen Untersuchungen ist es gelungen, die Verteilungswirkungen recht klar zu benennen. Dabei sind drei Makro-Trends hervorzuheben. So haben technologischer Wandel, Globalisierung sowie die Schwächung von Arbeitnehmerrechten genau jene Wähler benachteiligt, die jetzt für die Erschütterungen sorgen. „Brexit und Trump – Erklärungsansätze“ weiterlesen

Ahnungsloser Sachverständiger beim Thema Altersvorsorge

Wenn über Vermögen diskutiert wird, ist das Thema Altersvorsorge nicht weit und immer als Wahlkampfthema geeignet. Bei jeder Gelegenheit wird der Bürger daran erinnert, doch fürs Alter zu sparen und der Staat hält ja wie oben ausgeführt lukrative Förderungen dafür bereit. Weil weder Staat noch Unternehmen Schulden machen, funktioniert das aber nicht so einfach. Denn wie bereits häufig erläutert, benötigt jeder Spargroschen auf der Gegenseite einen Schuldnergroschen.

Jedenfalls wurde neulich in einer Talkshow bei Maybritt Illner über das Thema Altersvorsorge diskutiert. Einer der Gäste war der Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung, Herr Prof. Christoph Schmidt. Vorgestellt wurde das österreichische Rentensystem, also aus einem Land, welches wirtschaftlich ähnlich stark ist wie Deutschland und vergleichbare demographische Entwicklungen aufweist.

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Warum der Euro scheitern muss

Bereits im Gründungsvertrag der europäischen Währungsunion (Maastricht-Vertrag oder EWU) ist das Scheitern des Euro angelegt. Die Gründungsväter hatten wohl nur eine schemenhafte Vorstellung von der Zusammensetzung eines optimalen Währungsraumes. Wesentlich aus deren Sicht waren 4 Stabilitätskriterien (Haushalt, Preise, Wechselkurs, Zinsen) um sich für den Beitritt zu qualifizieren. Abgesehen von der kreativen Buchführung, die manchem Beitrittsland behilflich war, ist festzustellen, dass der viel wichtigere Punkt, nämlich einer abgestimmten Konjunkturpolitik nur eine untergeordnete Rolle spielte.

Die heute gern als Dogma vorangestellten Haushaltskriterien (3% Neuverschuldung bei 60% Staatschuldenquote) haben keinen inneren Zusammenhang und sind für eine erfolgreiche Währungsunion nahezu uninteressant. Würde ein Mitgliedsland sowohl 3% Neuverschuldung, als auch 60% maximale Schuldenquote anstreben, so wäre ein nominelles Wachstum von 5% p.a. erforderlich. Bei einer Deflationstendenz innerhalb der EWU ein hoffnungsloses Unterfangen.

Spannend ist zudem, wie diese beiden Kriterien in den Vertrag geraten sind. 60% Neuverschuldungsquote hat man eingetragen, weil der damalige Verschuldungsdurchschnitt in 1992 bei ca. 60% lag – ökonomische Grundlage dafür – Fehlanzeige! Die 3% Neuverschuldung sind in den Vertrag geraten, weil Mitterand Anfang der Achtziger in den französischen Haushalt, ebenfalls ohne ökonomische Begründung, ein solches Kriterium hineingeschrieben hatte. Gute Idee, meinten die Anderen, machen wir auch. Alleine diese Vorgehensweise zeigt, welcher ökonomische Unverstand dem Euro zugrunde lag.

Voraussetzung einer funktionierenden Währungsunion ist vielmehr eine abgestimmte Konjunkturpolitik. Diese kann theoretisch nach sehr einfachen Kriterien erfolgen. Man einigt sich auf ein gemeinsames Inflationsziel (z.B. 2%) und ist dann in der Lage die Löhne entsprechend der Produktivität zu erhöhen. Bei einer Produktivität von 1% können die Löhne somit um 3% steigen. Hat ein Land 2% Produktivität, können Löhne um 4% nominal angehoben werden (Angleichung der Lohnstückkosten). So lassen sich auch unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen innerhalb einer Währungsunion managen. Praktisch wird dies etwas schwieriger, aber wenn die Grundorientierung fehlt, kann die Währungsunion nie gelingen.

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Ökonomische Ursachen der europäischen Krise

Sie haben es getan. Die Briten wollen Europa den Rücken kehren. Die Anführer des Brexit (Johnson und Farage) haben sich in die Büsche geschlagen und überlassen den Anderen die Aufräumarbeiten. Die Hysterie vor den befürchteten Folgen eines solchen Schrittes beförderte die Börsen erstmal talwärts. Wir sind jedoch überzeugt, dass die wirtschaftlichen Folgen geringer sein werden, als mancher besorgte Analyst dies als Horrorszenario an die Wand malt.

Während zumindest die Börsen anzeigten, dass die wirtschaftlichen Folgen zunächst gering bleiben, dürften die politischen Folgen jedoch ungleich größer werden. Europa muss sich fragen, wie die zunehmend kritische Haltung der Bürger zur EU, der Drift zu den politischen Rändern bzw. zum Nationalismus zu erklären ist. Wir kommen darauf zurück.

Wirkung der EZB Politik verpufft ohne fiskalische Unterstützung

Festzustellen ist, dass die extrem expansive Politik der Zentralbanken bestenfalls schlimmeres verhütet hat, eine positive Wirkung hinsichtlich Investition und Beschäftigung dürfte nicht mehr zu erzielen sein. Die Erwartung, dass mit fallendem Zins Investoren bereit seien zu investieren und damit die Wirtschaft in Gang zu bringen ist auch in normalen Zinsphasen empirisch wenig zu belegen, erst recht ist sie in einer sog. „Liquiditätsfalle“ zum Scheitern verurteilt. Der Jahrhundertökonom Keynes bezeichnete mit dem Begriff Liquiditätsfalle die Situation einer Volkswirtschaft, in der die offiziellen Zinssätze soweit gegen null gefallen sind, dass die herkömmliche Geldpolitik versagt.

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Das Ende des Zinses?

Wir hatten an dieser Stelle bereits mehrfach darüber nachgedacht, warum der Zins fällt und fällt. Dem klassischen deutschen Sparer mißfällt dies sehr, denn er muss sich, will er mit seinem Spargroschen etwas dazuverdienen, um Investitionen bemühen, statt ein risikoloses Zinseinkommen zu verein-nahmen.

Gerne schiebt man die Schuld dafür dem amtierenden EZB Chef Draghi in die Schuhe. Das Volk braucht für die Unbillen des Nullzinses einen Schuldigen. Doch dieser Gedankengang erscheint etwas zu schlicht.

Es gibt größere Zusammenhänge, die dafür verantwortlich sind und es ist ein langfristiger Trend, der die Zinsen in den westlichen Industrienationen in den letzen fast vierzig Jahren in Richtung Nullzins gedrückt hat.

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Warum die Zinsen immer weiter fallen

Die Zinsen dürften auch in 2016 auf niedrigem Niveau verharren und es deutet wenig daraufhin, dass sich dies in den folgenden Jahren ändert. Aktuell bestehen somit kaum Risiken bei erstklassigen Anleihen, Erträge lassen sich aber auch nicht mehr erzielen.

Aktuelle Zinssätze

Hierzulande macht mancher EZB Chef Draghi für die niedrigen Zinsen verantwortlich. Dieser Gedankengang ist jedoch etwas zu schlicht.

Es gibt größere Zusammenhänge, die dafür verantwortlich sind und es ist ein langfristiger Trend, der die Zinsen in den westlichen Industrienationen in den letzen fast vierzig Jahren in Richung Nullzins gedrückt hat.

Wechsel im ökonomischen Paradigma

Anfang der achziger Jahre erfolgte ein Gezeitenwechsel im ökonomischen Paradigma. Herrschte bis dahin die Überzeugung, dass der Staat mittels Globalsteuerung in der Lage sei, die Konjukturzyklen auszutarieren, so änderte sich nach den Ölkrisen der Siebziger diese Sicht.

Nun drängte die Auffassung nach vorne, dass der Markt die Dinge am Besten zu regeln in der Lage sei. Den Staat gelte es zurückzudrängen. Außerdem wuchs die Überzeugung, dass mit der einfachen Steuerung der Geldmange die grassie-rende Inflation in den Griff zu bekommen sei. Auch könne damit, so die nun bestimmenden Ökonomen, die steigende Staats- und Privatverschuldung unter Kontrolle gebracht werden.

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